[Ursprünglich gepostet im April 2010. Nach einer Abmahnung seitens des Rechtsamtes der Stadt Castrop-Rauxel mit Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung wurde der Artikel zunächst vom Blog entfernt. Nach einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Bochum wurde der Artikel am 13.10.2010 ungekürzt neu eingestellt.]
Wer mich kennt, weiß, dass ich sowas wie ein Frettchen-Gen besitzen muß. Es gibt manchmal Auslöser, die dieses Gen aktivieren. Meist sind das Dinge, bei denen ich mich über den Tisch gezogen oder verarscht fühle. Oft werden diese Auslöser von staatlichen Stellen per Post an mich geschickt.
So auch vor etwa zwei Wochen. Aufgrund einiger unbezahlter Parktickets hatte ich schon ne Menge Stress an den Hacken (ein Ticket wurde sogar durcheskaliert bis zur Anordnung der Erzwingungshaft) – das ist nicht rühmlich, aber es ist nunmal passiert. Darüber habe ich mich auch nicht aufgeregt, denn die Sache ist klar: Ich habe nicht bezahlt, also gibt’s Repressionen. Letztes Jahr hatte ich allerdings mal mit der Stadtkasse telefoniert, um alle Forderungen peu a peu vom Tisch zu kriegen und demnach hätten eigentlich alle Tickets bezahlt sein sollen – zumindest die eigentlichen Bußgelder. Mahngebühren dürften noch welche offen sein. Vor zwei Wochen allerdings hat die Stadtkasse ein Schreiben geschickt, mit dem sie ein Konto von mir sperren wollte. Und zwar für zwei Bußgelder aus den Jahren 2007 und 2008. Da habe ich erstmal nicht schlecht gestaunt.
Was ich besonders verwunderlich fand: Ich hatte nur an zwei Stellen eine Kontoverbindung gemeldet. Hmmm… wer hat die wohl rausgerückt? Na, ein lösbares Problem. Wofür gibt es den §34 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz), bzw. §18 DSG NRW? Genau: Für eine Auskunft über die zur eigenen Person gespeicherten Daten bei anderen Stellen (Firmen, Behörden etc.). Also schnell mal eine Anfrage formuliert, Frist gesetzt und ab dafür an die Stadtkasse.
Gefragt habe ich:
1.1.: Aus welchem Datenpool stammt die verwendete Kontoverbindung? Wo wurde diese erhoben und mit welcher rechtlichen Grundlage haben Sie diesen konkreten Datenpool abgefragt?
Im Sinne des Datenschutzgesetzes (BDSG, §34) habe ich weitere Fragen:
2.1.: Welche Daten zu meiner Person sind bei Ihnen gespeichert und aus welchen Quellen stammen diese jeweils?
2.2.: An welche Empfänger und/oder Kategorien von Empfängern wurden diese Daten bisher weitergegeben?
2.3.: Zu welchem Zweck wurden/werden die Daten gespeichert?
Leider tat sich innerhalb der gesetzten Frist erstmal gar nichts. Also habe ich schonmal den Landesdatenschutzbeauftragten darüber informiert. Der scheint aber ausgelastet zu sein. Bisher gab es nur eine Eingangsbestätigung zu meinem Anliegen – keine weiterführende Äußerung. Aber eigentlich müssten wir doch auch bei der Stadt einen Datenschutzbeauftragten haben, oder? Ein Anruf und es war bestätigt – wir haben einen. Toll!
Also habe ich unseren städtischen Datenschutzbeauftragten auch noch ins Boot geholt. Und siehe da: Schon am nächsten Tag gab es Post. Einmal von der Stadtkasse und einmal vom Datenschutzbeauftragten (Auch hier wurde das Frettchen-Gen gereizt: Ein Schreiben vom 12.04. (da lief die Frist eigentlich ab) und ein Schreiben vom 15.04. – beide Schreiben kamen zeitgleich an und trugen den Poststempel vom 15.04. – ein Schelm, wer böses dabei denkt!). Zusammengefasst kam als Antwort:
Es sei bekannt, dass ich als Sachkundiger Bürger Aufwandsentschädigungen erhalte – man habe bei „entsprechender Stelle“ die Daten abgefragt. Zu meiner Person gespeichert seien: Vor- und Nachname, postalische Adresse und die Kontoverbindung. Eine Weitergabe an Dritte sei nicht erfolgt.
Das ist gelogen. Ich kann das jetzt nicht im Detail hier bekannt geben, weil mein Frettchen-Gen mich davon überzeugt hat, ggf. noch Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben – und ich würde hier mein Pulver verschießen, aber glaubt mir mal, dass die Auskunft unvollständig und falsch ist und ich das auch beweisen kann.
Da wundert man sich doch, dass so eine Falschauskunft unter Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten gegeben wird. Ich find’s ungeheuerlich! Also habe ich dem Datenschutzbeauftragten mitgeteilt, dass seine Auskunft unvollständig und falsch sei und ihm die Möglichkeit eingeräumt, bis zum 27.04.2010 eine vollständige Auskunft zu erteilen. Das ging per Fax raus.
Keine halbe Stunde später kam die Antwort aus dem Faxgerät, die mir die Sprache verschlug:
Teilzitat aus der Antwort:
In Bezug auf den Inhalt Ihrer E-Mail vom 19. April 2010 bitte ich Sie mir zunächst:
1. schriftlich mitzuteilen, welche Tatsachen nach Ihrer Auffassung in meinem Schreiben vom 12. und/oder 15. April falsch sind und
2. erläutern Sie mir schriftlich, woraus Sie im Einzelnen den Schluss ziehen, dass die jeweiligen von mir getroffenen Tatsachenaussagen nicht richtig sind.
[…gekürzt…] Zur zeitnahen und effektiven Bearbeitung Ihrer Anfrage vom 8. April 2010 durch die Stadtkasse, bitte ich Sie mir darüber hinaus konkret darzulegen, welche Punkte nach Ihrer Meinung nicht bzw. unvollständig bearbeitet worden sind.
Hallo?? Wo sind wir denn hier gelandet? Ich habe einen gesetzlichen Anspruch auf gewisse Auskünfte. Der Gesetzgeber hat dieses Instrument extra als Kontrollfunktion für den Bürger vorgesehen. Und jetzt möchte der Datenschutzbeauftragte, dass ich seine Arbeit mache und er mir dann anschließend genau die Daten mitteilt, die ich ihm an die Hand gebe??? Ich will doch nicht eine Antwort, in der die Speicherung von Daten zugegeben wird, die ich selbst gemeldet habe. Die Stadtkasse soll gefälligst die Daten herausgeben, die sie selbst verarbeitet hat!!
Ich finde es unfassbar, wie der Datenschutzbeauftragte die Verantwortung der Auskunftspflicht auf den Anfragenden abschieben will. Nunja, das habe ich ihn jetzt auch nochmal schriftlich wissen lassen. Seine Frist läuft bis zum 27.04.2010 und wenn dann keine vollständige Auskunft vorliegt, wird geklagt. Feierabend! Butter bei die Fische!
…wird bei Neuigkeiten fortgesetzt…